Eine Heilpflanze ist noch kein Arzneimittel

    Die Natur stellt Rohstoffe zur Verfügung, die nur der Mensch veredeln kann. Dabei geht die Entfaltung des Potentials in den Naturreichen Hand in Hand mit der Entfaltung des Potentials im Menschen. So wird die veredelte Natur zum Indikator der Entwicklung des menschlichen Bewusstseins.


    Das Leben auf der Erde hat einen sehr langen Weg der Evolution hinter sich, und es steht noch ein langer Weg bevor – ein Weg, auf dem der Mensch mitwirken kann. Viele Stufen auf dieser Strecke sind in den Heilpflanzen in verschlüsselter Form dargestellt. Wer sie zu entziffern vermag, findet in den Heilpflanzen einen Wegweiser und Begleiter auf dem Gang in die Zukunft.

    Die Heilpflanze - ein vielschichtiges Wesen
    Nähern wir uns zum Beispiel einer Goldrute, erkennen wir zuerst ihre Form, dann empfinden wir die Ausstrahlung ihrer Farben und ihres Dufts und beim Berühren schliesslich fühlen wir ihre feste Substanz. Nehmen wir dann die löslichen Stoffe in Form einer Zubereitung ein, erfahren wir – je nach Dosis – ihre heilende oder giftige Wirkung.
    Die Wirkstoffe sind jedoch nur ein Teil des heilenden Potentials. Selbst die Goldrute im Garten ist nur ein Teil des Ganzen. Sie ist nur der physische Ausdruck einer geistigen Matrix, eines Pflanzenwesens, worin alle möglichen Eigenschaften der Goldrute als Prinzip enthalten sind. In der Heilpflanze selbst sind diese Eigenschaften nicht voll entfaltet, sondern nur angedeutet. Das gilt für alle Pflanzen: In der Süsse der Traube zeigt sich das Potential zu einem edlen Wein und in den Wirkstoffen der Goldrute das Potential zu einer ganzheitlichen Arznei.

    Wie kann das Potential entfaltet werden
    Ziehen wir einen Vergleich zum Menschen. Viele haben Anlagen zu geistigen, künstlerischen oder handwerklichen Fähigkeiten. Diese gelangen aber nur dann zur vollen Entwicklung, wenn sie durch Ausdauer und Selbstüberwindung erworben werden.
    Die Anlagen einer Pflanze können jedoch nicht durch die Pflanze selbst, sondern nur durch den Menschen entfaltet werden. Die Entfaltung des Potentials in den Naturreichen geht Hand in Hand mit der Entfaltung des Potentials im Menschen. So wird die veredelte Natur zum Indikator der menschlichen Entwicklung, zum Spiegel der Evolution des Bewusstseins, denn ohne Naturveredlung gibt es keine höhere Stufe des Menschseins und umgekehrt. Dabei darf Veredelung nicht mit Technik verwechselt werden. Eine Violine von Stradivari ist das edlere Produkt als eine elektronische Orgel. In der Pflanze sind also verschiedene Eigenschaften angedeutet, die der Mensch zur Entfaltung bringen kann um dadurch gleichzeitig sein eigenes geistiges Potential zu entfalten.

    Die Signatur ist der Ausdruck des Wesens

    Das Wesen von Pflanzen kommt am deutlichsten und umfassendsten durch ihre äussere Gestalt, die sogenannte Signatur, zum Ausdruck. Der Mensch kann aber nur dann das Wesen in der Signatur erkennen, wenn er gelernt hat, mit den Augen des Herzens zu sehen. 

    Wesen und Signatur der Heilpflanzen
    Das Wesen einer Pflanze ist der geistige Plan, nach dem sie gebildet und gestaltet wird. Darin ist alles, was die Pflanze ist und alles, was aus ihr werden kann als Prinzip, als Potential enthalten. Wenn der Same einer Pflanze in die feuchte Erde gelegt wird und zu keimen beginnt, verbindet sich das kosmische Wesen mit dem Keimling. Erst diese Wechselwirkung zwischen dem Wesen und den Genen im Keimling macht das neue Lebewesen zur spezifischen, im Samen veranlagten Pflanze. Es sind nicht die Gene allein, es ist auch nicht das Wesen allein, was die Pflanze zur Pflanze macht, sondern die Wechselwirkung von beidem, von Wesen und Genen.     

    Ist dann die Heilpflanze voll entfaltet, enthält sie viele Wirk- und Duftstoffe, worin gewisse Aspekte des Pflanzenwesens zum Ausdruck kommen. Am vollständigsten aber kommt das Wesen in der Gestalt der Pflanze zum Ausdruck, in der sogenannten Signatur. In der Form der Pflanze ist ihr Wesen also verschlüsselt und wer diesen Code entziffern kann, wird in der Signatur das Wesen erkennen.    

    Das Lesen der Signatur der Pflanzen führt nicht unmittelbar zu Aussagen über ihre Wirkungen auf die Organe, sondern vorerst zur Erkenntnis einer psychischen Entsprechung zwischen Pflanze und Mensch. Erst danach kann über die Beziehungen zwischen Psyche und Organen, über die sogenannte Psychosomatik auf eine organische Wirkung der Pflanze auf den Menschen geschlossen werden. Wenn man in den Formen der Pflanzen Organformen des Menschen sucht, findet man vielleicht Entsprechungen, doch diese sind eher zufällig. Diese triviale Art der Signaturenlehre hat nicht zu ihrem Ansehen beigetragen. Dabei ist doch die wahre Signaturenlehre nach Paracelsus die höchste Stufe der Erkenntnis. Er benennt drei Stufen, Erkenntnis zu gewinnen. Die erste Form ist die Erkenntnis vom Hörensagen. Es ist das, was man von anderen übernommen und gelernt hat, ohne es bereits durch Erfahrung bestätigt zu haben. Die zweite Stufe ist die Erfahrung. Sie ist von grösster Bedeutung, denn nur durch sie kann man das Gelernte bestätigen und vertiefen. Doch Paracelsus bezeichnet die Erfahrung als blind, weil sie nur die äusseren Eigenschaften und Zusammenhänge, aber nicht die dahinter liegenden geistigen Prinzipien erkennen kann. Das Lesen der Signatur hingegen – nicht nur in den Pflanzen, sondern in allen Dingen der Natur und des Lebens – ist die höchste Stufe der Erkenntnis, denn sie allein vermag die geistigen Prinzipien hinter den Erscheinungen zu erkennen.